Zwei Sätze, die aus dem politischen Diskurs hierzulande nicht wegzudenken sind. Der eine lautet: „Genug gestritten!“, der andere: „Messt uns an unseren Taten, nicht an unseren Worten!“ Beide Sätze klingen grundvernünftig und tragen doch ihren Abgrund in sich.
Beide wirken sie so, als appellierten sie an die demokratische Vernunft, und sind fahrlässig undemokratisch. Denn die Formel „Genug gestritten!“, die immer dann hervorgeholt wird, wenn der Karren verfahren ist, scheint von der Idee auszugehen, es wäre alles besser, würde nur weniger gestritten, der Streit wäre ein Hemmnis auf dem Weg zur Willensbildung, wäre Sand im Getriebe der parlamentarischen Demokratie.
Hinter dem Appell wiederum, sie an ihren Taten zu messen, nicht aber an ihren Worten, oft und gerne bemüht gerade von jenen politischen Akteur:innen, die in ihren öffentlichen Reden eine rote Linie nach der anderen überschreiten, scheint die Annahme zu stehen, Sprechen und Handeln wären in der Politik zwei grundverschiedene Dinge, als ginge die Radikalisierung der politischen Kultur nicht Hand in Hand mit einer Radikalisierung der politischen Sprache.
Auf diese beiden bis zum Überdruss vernommenen Appelle an die demokratische Vernunft sei hier & heute erwidert:
In einer Demokratie kann nie genug gestritten werden, es kommt eben nur darauf an, in welcher Form und auf welche Weise, verletzend oder respektvoll, auf dem Wege der Argumentation oder der Unterstellung.
Und ein Wort – ob besonnen oder unbesonnen, versöhnlich oder polemisch, verbindlich oder provokant – ist im politischen Diskurs nicht einfach „nur ein Wort“, nicht einfach „nur Rhetorik“, sondern immer schon eine Tat.