Schade, denn im Kindergarten ließe sich in Zeiten von Demokratie- und Regierungskrisen aus Innensicht des Kindergartens in Erfahrung bringen, warum es falsch ist, demokratiefähige Bürgerinnen und Bürger von morgen lächerlich zu machen. In öffentlichen Debatten oder im Parlament gelten in Zeiten sensibler Sprachverwendung elementarpädagogische Einrichtungen als Negativbeispiel.
Im „Kindergarten“ sollen sie sich austoben und übereinander herfallen. Der Kindergarten als Institution und alle darin Befindlichen werden diffamiert, mit Kindern als Noch-Halbwilden, die später (durch uns, die Erwachsenen) „veredelt“ werden. Dieser „Adultismus“ bezieht seine Legitimation aus dem Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen und verunmöglicht die Partizipation bzw. den Dialog auf gleicher Höhe. Wer „Kindergarten“-Sager unwidersprochen lässt, begünstigt die Stigmatisierung und Diskriminierung einer Einrichtung, die das Eintrittstor in die Gesellschaft ist.
Im Jahr 2009 wurde für Österreich unter Mitwirkung des Bundes und aller Bundesländer vom „Charlotte-Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung“ erstmals ein „Bundesländerübergreifender Bildungs-Rahmenplan für elementare Bildungsreinrichtungen in Österreich“ erstellt. Dieser enthält u.a. auch ein Statement zu Partizipation und Demokratie: „Partizipationsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung für das Leben in einer demokratischen Gesellschaft. In der Elementarpädagogik bedeutet Partizipation, dass Kinder an Entscheidungen, die ihr eigenes Leben und das Leben in der Gemeinschaft betreffen, beteiligt sind und zu einer kritischen Haltung befähigt werden. Dabei werden sie mit ihren Wünschen, Vorstellungen und Meinungen ernst genommen und in offene Dialoge eingebunden. Kinder erwerben das Wissen, das für Beteiligungsprozesse notwendig ist, am besten in handlungsorientierten Situationen. Durch das Erproben verschiedener Formen der Mitbestimmung können Kinder auf ko-konstruktive Weise entwicklungsangemessene Verantwortung für die Gestaltung ihrer Lebensräume übernehmen. Sie lernen, sich eine persönliche Meinung zu bilden, die der anderen zu akzeptieren sowie für die eigenen Rechte und die Rechte der anderen einzustehen.“
Im Kindergarten wäre durch Betroffene (Kinder, Pädagoginnen und Pädagogen, Träger, Erziehungsberechtigte) die einer Demokratie gemäße Wertschätzung dieser Einrichtung zu erfahren. Im Sinne derer, die unsere Zukunft sind und über die Nelson Mandela sagt, „Eine Gesellschaft offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“ Lassen wir nicht zu, dass die Demokratie durch solche Vergleiche beschädigt wird.
Robert Benedikt (SPÖ Kärnten): „Wir sind ja nicht im Kindergarten“. Zu einem Konflikt in der Kärntner SPÖ. Die Presse, 12.9.2007
Günter Stummvoll (Nationalratsabgeordneter der ÖVP): Über die Parlamentsarbeit, „ ... wo wie im Kindergarten Taferln in die Luft gehalten werden, gegrölt wird, gejohlt wird, beschimpft wird?“ Stenographisches Protokoll des Nationalrates, 11.12.2009
Christoph Steiner (Bundesrat der FPÖ Tirol): „Ja, das ist ja fast wie im Kindergarten“. Über Redezeiten. Stenographisches Protokoll des Nationalrates, 21.12.2022
Gerald Loacker (Nationalratsabgeordneter der NEOS): „Das ist ja wirklich ein Kindergarten!“ Über Ministeriumseinwände zu Handelsabkommen. Stenographisches Protokoll des Nationalrates, 16.5.2024
Werner Kogler (Bundesminister Die Grünen): „Wir sind ja nicht im Kindergarten“. Zur Regierungskrise Mitte 2024. Die Presse, 19.6.2024