Frau Ammann ist eigentlich Optimistin, aber ihre Zukunftsskepsis ist nicht kleiner geworden seit den alarmierenden Ergebnissen der Europa- und der Nationalratswahlen. Es wird sich, wie immer in Krisenzeiten ein Mechanismus der Populisten einstellen, der bedacht ist, die alten Zeiten zu konservieren, obwohl das gar nicht möglich ist. Das Leben ist Veränderung, die Weltbevölkerung ist enorm gewachsen, hat durch industrielle und technologische Revolutionen in weiten Teilen den Lebensstandard verbessert, gleichzeitig aber Raubbau an unserm Planeten betrieben und Verlierer hinterlassen – Konsequenzen, die wir nun auszubaden haben. Das Weltklima antwortet jetzt auf unsere Sünden. Pandemie und Kriege potenzierten die Ängste der Menschen.
Die Folge ist immer dieselbe, das Wahlvolk driftet an die Ränder, dort wo die üblichen Feinde identifiziert und einfache Heilsbotschaften verkündet werden, die allerdings genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie versprechen. Abkehr von Europa, Rückkehr zur nationalen Agenda, Relativierung des Klimawandels, Autokratie statt Demokratie – das sind Retroschritte, die uns ärmer machen werden, dabei hat die vielgescholtene EU nachweislich unseren Wohlstand in Österreich deutlich vergrößert.
In Zeiten wie diesen sind populistische Politiker, die sich als die wahren Patrioten präsentieren, in Wahrheit die „dunklen Doppelgänger“ der Demokratie, weil sie nur Ängste und Frustration schüren, anstatt konstruktive Lösungen anzubieten. Mit Angstmache ist keine Zukunft zu machen. Und was der Wille des Volkes ist bestimmt nicht EINE Partei.
Aufklärung und Bildung sind die besten Garanten für eine funktionierende Demokratie, davon ist Frau Ammann immer noch überzeugt, aber, werden diese beiden Pfeiler vernachlässigt, entstehen Urteilsdefizite, die von Populisten gnadenlos ausgenutzt werden. Natürlich müssen wir das Migrationsproblem in den Griff bekommen, aber nicht durch Festungen und nationale Einigelung sondern durch ein solidarisches Europa-Konzept, das gemeinsam geschultert werden muss.
Und wie immer ist die künftige Misere schon früh an der Sprache der Protagonisten abzulesen, dem Pöbeljargon der selbsternannten Volksversteher – denunzierend, beleidigend, abwertend und verletzend – wer die Regeln des Umgangs derart missachtet wird sich nicht ändern, wenn er an den Hebeln der Macht sitzt ... (remember Ibiza). Wenn wir nicht alle gemeinsam dagegen ankämpfen, warnt Frau Ammann, dann machen wir diesen Ungeist immer wieder salonfähig. Sobald sie wieder dürfen, kommen sie aus den Löchern, proportional zum Aufstieg der Hetzer, z.B. die Gröler der Nazi Parolen „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ auf Sylt oder jüngst bei einer Feier der „braven“ Landjugend im Tiroler Zillertal (!!). Sie sind eine Folge der Patriotismus-Heuchler und deren Sprachverheerung. Elitendiffamierung ist kein Konzept für die Zukunft, sagt sie. Recht hat sie.