„Vorsorgliche Unterstützung“ ist ein umfassender Begriff, der verschiedene Maßnahmen umfasst, die darauf abzielen, die eigene Gesundheit, die rechtliche Handlungsfähigkeit oder andere Lebensbereiche für den Fall von Krankheit, Unfall oder Entscheidungsunfähigkeit abzusichern, kurz: Risiken zu minimieren oder im Notfall vorbereitet zu sein. Was aber, wenn dieser harmlos klingende Ausdruck zum technokratischen Tarnmantel wird, um einen beispiellosen Tabubruch zu rechtfertigen? Was, wenn er zum Freibrief für Repression gerät?
Am 27. Juli 2025 ereignete sich in der Gedenkstätte Peršman ein Vorfall, der uns alle beunruhigen sollte: Jene Institution, der wir Sicherheit und Augenmaß zutrauen, die Polizei, rückte mit einem Großaufgebot zur Gedenkstätte aus. Ein Hubschrauber kreiste über einem Ort des Erinnerns. Drohnen summten über den Köpfen junger Menschen, die nichts anderes taten, als sich im Rahmen eines antifaschistischen Sommercamps mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Begründung für diesen martialischen Einsatz? „Vorsorgliche Unterstützung.“ Worauf bezog sich die „Vorsorge“: Gab es eine konkrete Gefahrenlage? Existieren Beweise für Gewalt und Gesetzesbruch der Teilnehmer, die eine solche Vorgangsweise rechtfertigen? War sie aus Behördensicht verhältnismäßig? Garantiert man mit Drohnen und Hundestaffel für die Sicherheit in einem friedlichen Bildungscamp – oder zerschlägt man damit gezielt die zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung?
Heute ist es der Peršmanhof. Morgen vielleicht ein anderer Gedenkort. Übermorgen ein Umweltcamp, ein Kulturfestival, eine Bürger*innendiskussion. Bleibt ein solcher Einsatz unkommentiert, wird staatliches Misstrauen gegenüber aktiver Bürgerschaft normalisiert und jedes Vorgehen dagegen als gerechtfertigt begriffen.
Die Vorgänge rund um das Peršman-Sommercamp unterstreichen die Notwendigkeit, scheinbar unverdächtige Begriffe wie „vorsorgliche Unterstützung“ systematisch und kontextabhängig zu analysieren. Durch sie wird veranschaulicht, wie administratives Handeln auf Basis solcher Begriffe gesellschaftliche Dynamiken beeinflussen kann – und welche Bedeutung einer präzisen begrifflichen Abgrenzung zukommt. Gerade vor dem Hintergrund sich wandelnder sicherheitspolitischer Diskurse ist eine kritische Beobachtung der Begriffsverwendung entscheidend, um ihre tatsächliche Tragweite besser einschätzen zu können.
Quellen:
Der Falter: „Als sich einige Aktivisten weigerten, sich auszuweisen, forderte der Einsatzleiter "vorsorglich" weitere Einsatzkräfte an“ www.falter.at/maily/20250728/der-persmanhof-die-antifa-und-die-kaerntner-polizei