In Österreich ist die Demokratie a oide Hur beim Würschtlstand. A herzensguade Drecksau,wie man so sagt. Da sind schon viele drübergerutscht, ohne auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet zu haben, wie viele Menschen irgendwann einmal an die Demokratie geglaubt haben – und schließlich dran glauben mussten. Seit urlange sind Politgeilist:innen hinter ihr her und wollen sie für ihre Motive benützen und vergewaltigen. Und weil die Demokratie im Prinzip an das Gute im Menschen glaubt, führt der Missbrauch oft zu einem Beziehungsdrama. Militärputsch inklusive.
Heute riecht die Beste schon a bissl streng, aber ihr blutrotes Chanel-Kostüm verleiht ihr immer noch ganz schön viel Sex-Appeal in der Öffentlichkeit.
Nach der heißen Käsekrainer mit Dijon-Senf und vor dem kleinen Jägermeister mit den süßen Manner-Schnitten lässt sie ein damenhaftes Bäuerchen fliegen und kichert unschuldig vor sich hin. Danach verrät sie mit Timbre, dass sie ka Hur ist, die sich firan Zwanzger schuastan losst, und verkündet die unique superiorityihrer erotischen Dominanz: „Burschi, huach zu: ‚Die Demokratie ist die schlechteste Staatsform, abgesehen von allen anderen‘, hat der alte Tschin-Trankler Winston Churchill gesagt. Oiso, leb damit!“
Da mischt der Würschtlmann sich ein: „Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein Fünf-Minuten-Gespräch mit einem durchschnittlichen Wähler. Ned bös sein … Des is mei Meinung!“
„Es ist ein Fegefeuer im Sado-Maso-Keller“, entgegnet die Frau Hur und schraubt sich einen Jägermeister rein. „Demokratie ist das Recht, Minderheiten zu unterdrücken, und die Pflicht, sich von einer Minderheit unterdrücken zu lassen. Und des kost hoit Göd und Nervn! Wos is, Burschi, gemma ums nächste Schmiergöd figgn?“
Der fesche junge Herr Karl ist aber ganz und gar nicht erpicht darauf. Er sagt: „Ich steh nicht auf MILFs. Und ich brauch‘ keine Demokratie. Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.“
Der austro-buddhistische Philosoph Helmut Qualtinger spottete gut und gern über eine Regierung: „Wenn Sie sich in einem Land befinden, in dem eine Partei regiert, während eine andere die Opposition stellt, dann sind Sie in einer Demokratie. Wenn Sie in einem Land sind, in dem eine Partei regiert und keine die Opposition macht, weil sie verboten ist, dann ist das eine Diktatur. Wenn Sie sich in einem Land befinden, in dem zwei Parteien regieren, die sich zugleich die Opposition machen, dann sind Sie in Österreich!“
Demokratie lebt von verschiedenen Meinungen. Meine Meinung, deine Deinung, seine Seinung. Doch wir dürfen nicht vergessen: Wir leben in einem ökonomischen System schrankenloser Privatinteressen. In Göd We Trust! Meinungen ändern nichts am Großen und Ganzen. Sie sind wie gurrende Tauben, die das ganze Land zuscheißen.
Sie dürfen am Würschtlstand und ähnlichen Locations folgenlos geäußert werden. Zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis hat die Macht im Staat nicht nur ein Gewaltmonopol, sondern auch ein Meinungsmonopol. Beides ist durch Wahlen legitimiert. Und seit Kurt Tucholsky wissen wir: „Würden Wahlen etwas ändern, wären sie längst verboten.“
Wir spielen jeden Tag Mensch ärgere dich nicht, aber die von uns Gewählten haben Würfel, auf denen lauter Sechser drauf sind. Das frustriert, führt zu Gewaltbereitschaft, macht viele unrund – und fast ein Drittel des Wahlvolks zu leichter Beute für die Populisten, die selbst an die Macht wollen, vor allem, um sich gründlich und ohne den Funken eines schlechten Gewissens bei BUWOG, Hypo Alpe Adria, Eurofighter, Telekom und anderen Deals wie etwa bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften an reiche Ausländer:innen die Taschen mit Geld zu füllen und in der Öffentlichkeit so zu tun, als wäre all das völlig normal und part of the game.
Was den kleinen Mann an Korruption stört, ist die Tatsache, selbst von solchen leistungsfreien Zuwendungen ausgeschlossen zu sein. Drum ist er dagegen.
Summa summarum steht es um den Meinungskampf zur Demokratisierung der Gesellschaft nicht zum Besten. Meinungsfreiheit im öffentlichen Raum dient bloß der persönlichen Seelenhygiene: „Geh scheißn!“ Die Staatsdoktrin gibt vor, welche Meinungen – bei politischen Gipfeltreffen oder auch in den Abendnachrichten – absolute Gültigkeit haben und welche ignoriert werden müssen.
Es lässt sich unschwer als Meinungsdiktatur bezeichnen, wenn Einsprüche nur noch in kleinem Rahmen ohne große Öffentlichkeit möglich sind; wenn Medien dem von einer Regierung verordneten Kanon kritiklos folgen und sich mit Inseraten bezahlen lassen; wenn inhaltlich abweichende Passagen aus TV-Dokumentationen herausgeschnitten werden (wie es mir als Filmemacher selbst passiert ist); wenn Journalist:innen nur dann publizieren dürfen, wenn sie den richtigen Blick auf einen Krieg, einen Konflikt, eine Ungerechtigkeit haben und in Worte fassen (wie es mir selbst passiert ist). Sogar die Satire muss sich heute in Acht nehmen, wie eine Kabarettistin unlängst erfahren musste, die im Rahmen eines Bühnenprogramms ihre Meinung äußerte und daraufhin von einem ehemaligen Verfassungsschützer auf Unterlassung (inklusive Zahlung von ein paar Tausendern) verklagt wurde.
Gibt es eine Zensur? Nein, so würde ich das nicht nennen dürfen. Die Zensur ist laut Nestroy, „die jüngere von zwei schändlichen Schwestern. Die ältere heißt Inquisition. Die Zensur ist das lebendige Geständnis der Großen, dass sie nur verdummte Sklaven treten aber keine freien Völker regieren können.“
Ich bin auch vorsichtig geworden. Was man ernst meint, sagt man am besten im Spaß.