In der Zeit der beginnenden Oligarchie, in der wir leben, hat sich auch die oligarchische Kontrolle über Medien verstärkt, die eine besondere Gefährdung der Demokratie bewirkt. Diese Kontrolle spiegelt sich nicht nur in den Besitzverhältnissen der Medienhäuser und dem immer stärkeren Druck auf Medien durch von Oligarchen finanzierten Parteien wider; sie findet ihren Niederschlag auch in der Sprache. Schleichend finden so demokratiefeindliche Sprache und demokratiefeindliche Begriffe langsam ihren Weg in die Alltagssprache.
Zunächst tauchen diese Begriffe in der Propaganda rechtsextremer und autoritärer Parteien auf. Als nächstes werden sie von Boulevardmedien verwendet. Dann werden sie in Qualitätszeitungen zunächst noch unter Anführungszeichen verwendet, die schließlich wegfallen. So ist es möglich, dass heute die Worte »Ausländer« und »Ausländerfrage« ohne Anführungszeichen in Qualitätszeitungen stehen. Im Jahr 1992 forderte die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) im Nationalrat zunächst einen Sonderausschuss zur »Behandlung des Ausländerthemas«. Es folgte ein von derselben Partei initiiertes Volksbegehren mit dem Titel »Österreich zuerst«, in dessen Forderungen die Wörter »Ausländer« und »Ausländerfrage« vorkommen. Die Reaktion damals war nicht nur in den Medien heftig und kritisch; es gab auch Kritik in der Partei selbst. Als Folge dieser Kritik kam es zur Spaltung des Freiheitlichen Parlamentsklubs. Fünf Abgeordnete traten aus der Partei aus und gründeten das Liberale Forum. Die Liberale Internationale wollte die FPÖ aus ihren Reihen ausschließen; die FPÖ kam dem Ausschluss durch ihren Austritt zuvor.
Doch die rechte Propaganda der FPÖ setzte sich in den Boulevardmedien schnell durch und fand nicht ganz zwanzig Jahre später Eingang in die Qualitätsmedien. Seit den Zehnerjahren dieses Jahrhunderts sind die Worte »Ausländer« und »Ausländerfrage« ohne Anführungszeichen in den Zeitungen Die Presse, Der Standard und Kurier nachweisbar.
Ähnlich haben sich andere, meist derogative Begriffe, die ungewünschte Parteien und Politiker bezeichnen, aus der Sprache des Rechtsextremismus durchgesetzt, etwa die Bezeichnung »linkslink« oder »Linkslinke« als Adjektiv und Substantiv für Politikerinnen und Politiker. Es ist ein Wort, das ebenfalls Anfang der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts von rechtsextremen und neonazistischen Publizisten und Politikern verwendet wurde und heute als »normaler« Begriff in der Alltagssprache auftaucht. So etwa bezeichnete der PR-Berater der Österreichischen Volkspartei und Herausgeber des Magazins Falstaff, Wolfgang Rosam, den Finanzminister der Republik Österreich als »der linkslinke Marterbauer«.
Ähnlich, aber wesentlich schneller, hat sich skurrilerweise ein Oxymoron aus dem Rechtspopulismus durchgesetzt, der Begriff der »liberalen Demokratie«. Dieser Begriff, der insinuieren soll, dass eine »illiberalen Demokratie« immer noch eine Demokratie sei, wiewohl das in allen Begriffserklärungen klar verneint wird, ist heute gang und gäbe. Es handelt sich um eine Tautologie, deren propagandistische Intention klar ist, deren Verwendung aber zu wenig Analyse und Kritik findet.