„A stoarke Hond gherat wieder her, ana der Ordnung schofft, der ned long frogt, sondern tuat, der durchgreift und des Gsindel aussihaut, so oana wia, nojo, a klana Hitla hoid, weil oiss woa jo ned schlecht unterm Hitla, do hed’s vü von dem, wos’s jetzt gibt, ned gebm, des woan jo wiakle ned de schlechtestn Zeitn!“ So und so ähnlich konnte man sie reden hören, immer wieder, wenn von jetzt und damals die Rede war.
Da war der Krieg schon längst aus – „wenn ma den ned valoan hättn, warat sowieso oiss gaunz onders!“ –, sogar die Besatzungsmächte waren bereits abgezogen, und Leopold Figl hatte vom Belvedere-Balkon sein berühmtes „Österreich ist frei“ in die jubelnde Menschenmenge geschrieen. Und doch haben die Lodenweiber am Straßenrand mit Blick zu uns oder sogar auf uns zeigend gekeift: „Untan Hitla hed’s des ned gebm, na wiakle ned, do hot‘s a Zucht und a Oadnung gebm, so wia se des ghört, und ned so an Sauhaufen, wo jeda tuat, wos er wü.“
Als 85jähriger klappe ich mein Erinnerungskastl auf. Und sehe mich mit den anderen gehen, auf der Ringstraße, bei der einzigen Demonstration, bei der ich je dabei war, bei der gegen Taras Borodajkewycz. Gerauft wurde und heftig noch dazu, es kam zu Handgreiflichkeiten mit den rechten Burschenschaftern, den Borodajkewycz-Anhängern, die schenkelklopfend gefeixt und geklatscht hatten, als Taras Borodajkewycz, der Professor, sich gebrüstet hatte, ein Nazi gewesen zu sein. „Na und? Ich stehe dazu!“, hatte er hinaustrompetet. Und seine Studenten hatten geklatscht. Denn soviel Gsindel wie jetzt hatte es ja noch nie gegeben, auch nicht an den Universitäten, wo doch nur die Elite sein sollte – als welche man sich ja selbst begriff, mit Vaterland, mit Treue, mit Ehre eben. Und mit Freundschaft – überall und jederzeit. Das waren doch die Ideale, für die sogar gefochten wurde. Und dabei natürlich auch zur persönlichen Ertüchtigung und für tugendhafte Werte wie Mut und Tapferkeit.
Und damit befand man sich ja auch auf der Seite des praktizierten Rechts und dessen, was angesehen war in dieser verlotterten Nachkriegszeit, in der sogar nach der Besatzungszeit die Roten immer frecher und unverschämter wurden. Sie waren alle nur lausige Marxisten, Kommunisten, Stalinisten, Trotzkisten, feige Wehrdienstverweigerer, Gesindel eben. Ein Gericht – „aus Ehemaligen“, sagten diese Falotten – hatte den Professor sogar freigesprochen von irgendeiner Schuld, er ging als Ehrenmann aus dem Prozess hervor. Und eben deshalb gab es diese Demonstration.
Dass dann ein ein alter Demonstrant am Boden lag, sowas passiert schon mal in der Hitze des Gefechts. Der hätt’ ja auch nicht hingeh’n müssen zu dieser Demo. Man hatte doch voraussehn können, dass dort die Fetzen fliegen würden. Und so ein Krispindl wie der Mann auch war. Man hat gesagt, er sei während jener Zeit in Haft gewesen, in einem Straflager, in einem KZ (so hießen diese), naja, da sei er auch nicht gerade gekräftigt worden, na also, da geht man doch nicht auf die Straße, wo geschlägert wird. Wahrscheinlich hat er eine Feste g’fangt von einem der Unsrigen, die sind nicht zimperlich, das weiß man. Naja, ein Pech war’s halt. Und jetzt haben’s wieder den Märtyrer, den’s braucht hom! Kirchweger hat er gheissen, der arme Narr. Naja, a blede Gschicht. Ansonsten war alles pico bello, da hat’s nix geb’m. Wir haben wieder einen Sieg errungen. – „Sieg Heil!“