"Quatschbude“, eine gerne von Gegnern der Demokratie gebrauchte abwertende Bezeichnung für die als ineffizient bewertete Arbeit einer gewählten Volksvertretung. Dort werde eben nur gequatscht, Probleme würden auf diese Weise nicht gelöst. Das könne eben nur ein „starker Mann“, der autoritär ohne langwieriges parlamentarisches Prozedere nötige Gesetze und Verordnungen zum Wohle des Volkes erlasse, so das Argument der Demokratiegegner. Wer den Begriff Quatschbude zuerst gebrauchte, ist nicht festzustellen.
Er erwies sich jedoch als publikumswirksam, ging er doch den Demokratie-Verächtern leicht von den Lippen, besonders nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Die in Weimar gegründete Demokratie war ein Novum in der Geschichte Deutschlands. Allerdings haftete ihr der Makel an, das Deutschland durch das „Diktat von Versailles“ aufgezwungen worden, im Prinzip „undeutsch“ und wesensfremd sei. Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise trugen dazu bei, dass die politische Mitte als Trägerin der Demokratie zwischen der extremen Linken und Rechten aufgerieben wurde. Auch der Fortbestand der alten Eliten, die der „guten alten Kaiserzeit“ nachtrauerten, wirkte sich von Anfang an nachteilig auf die junge deutsche Demokratie aus. Als junger Mann hatte Adolf Hitler während seiner Jugendjahre in Wien als oftmaliger Zuschauer auf den Publikumsrängen des Reichsrates die Obstruktionspolitik der Abgeordneten als Zeuge erlebt. Abgeordnete der verschiedenen Nationen der österreichischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie machten durch Störaktionen jegliche sinnvolle Parlamentsarbeit unmöglich: mit Pultdeckelklappern, Tschinellen, Trompeten, Trillerpfeifen etc. Dazu das babylonische Sprachengewirr, denn Dolmetscher waren nicht im Einsatz. Der junge Mann aus Linz lernte hier den Parlamentarismus gründlich verachten. Dieses Zerrbild wurde zu einem der Grundpfeiler seiner Weltanschauung.
Als Parteiführer einer Splitterpartei, dann der stärksten Fraktion im deutschen Reichstag setzte er es sich in öffentlicher Rede zum Ziel, „die 30 Parteien aus Deutschland hinauszufegen“. Mit der „Quatschbude“ war dann wenige Wochen nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler 1933 Schluss. Der Reichstag stimmte dem Ermächtigungsgesetz zu, nur die SPD dagegen. Die Gesetzgebung wurde der Reichsregierung übertragen. Diese Selbstaufgabe des Parlaments zeigte, wie aussichtslos die Parteien die Lage empfanden. Lieber nahmen sie die Diktatur des zu allem entschlossenen Mannes in Kauf, als von einer Krise in die nächste zu schlittern. Die ausgebrannte Ruine des Reichstagsgebäudes in Berlin wirkte geradezu symbolhaft für das Scheitern der Demokratie in Deutschland.
Die nächsten Jahre der Diktatur machten vielen Menschen durch den NS-Terror klar, wie wertvoll Grund- und Menschenrechte sind. Ihre Wiederherstellung setzte die Niederlage Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg voraus, was im Mai 1945 unter schlimmsten Umständen erreicht wurde. Die Demokratie erlebte in Deutschland eine Renaissance, zuerst in der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland, nach der Wiedervereinigung 1989 in Gesamtdeutschland. Fast 80 Jahre nach dem Kriegsende gilt Deutschland als gefestigte Demokratie, ebenso wie Österreich, das nach Bürgerkrieg, Ständestaat und deutscher Besatzung die demokratische Verfassung von 1920 wiederherstellte. Der Begriff „Quatschbude“ verschwand in der Mottenkiste der Geschichte.