Freiheit kann weiß oder rot sein. Am besten jedoch transparent. So durchsichtig, dass man durch sie hindurch eine Welt voller sich zum Flug entfaltender Flügel sehen kann. Der Tod ist schwarz, das Leben weiß, wenn man den mutigen Versuch unternimmt, Konzepte in Farben zu übersetzen.
Es ist schwierig, der Demokratie eine Farbe zuzuordnen. Schwarz-weiß oder weiß-schwarz? Beim Mischen dieser Farben entsteht: grau? Denn mit der Demokratie ist es so: Auch wenn sie definiert ist, bleibt sie rätselhaft, und das Leben stellt sie auf die Probe. Sind wir wirklich alle gleich? Sogar vor dem Gesetz?
Männer verdienen immer noch mehr, Jugendliche aus wohlhabenderen Familien steigen schneller und vor allem leichter die Karriereleiter hinauf. Den Wohlhabenderen wird mehr nachgesehen. Sie fallen öfter auf alle sogenannten vier Pfoten. Die sogenannten Prominenten sind überall privilegiert, sogar in der Geschichte stehen sie an erster Stelle. Reichere Länder fühlen sich besser als ärmere, Bürger reicherer Länder fühlen sich besser als Bürger ärmerer Länder. Immer noch hält sich die Teilung in der Gesellschaft zwischen „denen aus den westlichen Ländern“ und denen hinter dem früheren „Eisernen Vorhang“. Ich weiß etwas darüber. Auch über andere Teilungen. Seit der Zeit der Sklaverei sind sie, bis heute, ewig.
Darüber hinaus Korruption, die aus fast jedem Bürofenster hervorlugt, Kumpanei, Klientelismus, die paarweise durch die Welt gehen. Zumindest in den Ländern, die ich kenne. Hat der sogenannte durchschnittliche, der graue Bürger Anteil an der Art der Staatsführung? Regiert der durchschnittliche, der graue Bürger die Welt? Nun, wohl eher nicht.
Protestbriefe an Behörden bleiben unbeantwortet. Ignoranz, Korruption, Verachtung begegnen einem als durchschnittlich, grauen Bürger, ganz zu schweigen von den Bürgerinnen. Alles geschieht unter schönsten Parolen. Der durchschnittliche, graue Bürger geht unter im Meer der Slogans, aber er würde lieber im Meer der Demokratie versinken.
Und dennoch, es gibt keine andere Wahl als den Glauben an die Demokratie und an den gesellschaftlichen Wandel. An eine gerechte Welt mit gleichen Chancen für alle, anstatt vor einem Kaiser oder König niederzuknien, und wenn nicht, mit einer Enthauptung zu enden.
Die Welt ändert sich. Manchmal sogar zum Besseren. Die Idee der Demokratie muss überall, jedem und so früh wie nur möglich nahe gebracht werden. Sie ist schön und humanistisch, sie ist gerecht und humanitär. Und vor allem sollte bei Politikern überprüft werden, ob sie ihre Botschaft wirklich verstanden haben.
Vielleicht ändert sich die Welt schneller zum Besseren, wenn mehr Frauen Macht erhalten. Die Demokratie ist schließlich weiblich. Vielleicht gelingt es die Geschichte als Lehrmeisterin mit einer Geschichte der Lehrmeisterinnen fortzusetzen. Man muss die Farben mischen und vermengen. Und schließlich wird sie aus der Grauheit, der Belanglosigkeit und Unerfülltheit hervortreten, indem sie sich in das schreiende Grün der unsterblichen Hoffnung kleidet.
Aus dem Polnischen von Julia Hnelozub.