Es ist schlimm, aber wahr: Viele – viel zu viele – fallen wieder auf jene Politiker herein, die zwar nichts Konstruktives und Relevantes anzubieten haben, sich aber durch Wortwahl, Lautstärke und überholt geglaubte Führergesten Aufmerksamkeit und Macht verschaffen. Sie ersetzen politischen Anstand durch ein ständiges Hochdrehen der Unsagbarkeitsgrenzen, schaffen damit ein neues „Normal“ und machen dadurch das Extreme und Beleidigende gesellschaftsfähig, neu und interessant: leeres Getöse mit viel toxischer Wirkung.
Das sollte eigentlich alarmieren, es scheint aber „gut anzukommen“ und zu politischer Verantwortungsübernahme zu qualifizieren. Deshalb ist es zu wenig, nur gegen dunkle Disruptionen zu sein. Wir sind – Gott sei Dank – (noch) nicht ausgeliefert. Wir können jeden Tag mit konstruktiver Gegenrede antworten, denn Sprache ist jenes Material, aus dem wir ganze Welten errichten und zum Nachdenken und Mitfühlen bringen können. Diese Möglichkeiten sind viel mächtiger als wir glauben.
Jedes konstruktive Herangehen erregt in unseren Tagen des unkontrollierten Bashing auf allen Kanälen mehr Aufmerksamkeit als je zuvor. Es geht dabei aber weder um ein naives „positives Denken“ noch um das Unterdrücken von Kritik, es geht um das Wie. Um den Stil. Um den Ausdruck. Um unser Bewusstsein, dass wir es beim Reden und Schreiben mit dem Heben eines Sprachschatzes zu tun haben. Und wenn wir von uns sagen, mit der Sprache einigermaßen gut umgehen zu können, dann haben wir auch eine besondere sprachliche Verantwortung dafür. Wir müssen uns als antwortfähig erweisen.
Diese Antwortfähigkeit können wir jeden Tag, in jedem Gespräch und bei jeder Wortmeldung einsetzen, denn jedes Wort wirkt und jeder Zusammenhang stiftet Bedeutung. Man kann niemanden etwas lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken, sagte Galileo Galilei.
Es ist an uns: Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt?