In Wirtsstuben oder Buschenschenken, meist zu vorgerückter Stunde, wenn Schranken durchlässig sind, höre ich nun öfter, es „braucht einen kleinen Diktator“. Die Menschen, die der Gewaltformel nachhängen, haben entweder keine oder eine ausgeprägte Vorstellung von Diktatur. Bedrohlich ist sie allemal, denn sie fordert und fördert eine Gewaltherrschaft, in der eine Instanz Bescheid weiß und alle ungefragt deren Monstranz der Selbstherrlichkeit folgen müssen. Auf der Strecke bleiben Offenheit und Differenzierung, Debatte und Vielfalt, politische Beteiligung und soziale Anteilnahme.
Die Phrase ruft die irrige Annahme aus, eine Person oder Gruppe vermöge allgemeines Wohl, gar die Erhöhung eines abgesteckten „Wir“ zu gewährleisten, indem es „die Anderen“ hinabdrückt. Derart ersteht nicht Gemeinwohl, sondern gemeiner Groll.
Die Herrschaften, die solches im Sinne haben und im Schilde führen, haben keinen Sinn für Freiheiten (außer die eigenen), sie benützen Schilde selbstverständlicher Macht zur Abwehr all dessen, was ihnen gerade nicht zupasskommt. Sie wollen eine Entwicklung humanen Zusammenlebens rückgängig machen, um ihre Verantwortung einem Führer zu überlassen.
Das hatten wir schon, die Geschichte sollte ihre Schüler gefunden haben.
Verschleierungsworte für den Ruf nach Gewalt(en)-Konzentration sind „Illiberale Demokratie“ und „Volkskanzler“ mit der falschen Behauptung, die Wünsche des „Volkes“ oder der Mehrheit zu erfüllen. Dabei ist „Volk“ als Herde verstanden, „die Mehrheit“ keine tatsächliche Mehrheit und schon gar nicht bereit, eine wesentliche Voraussetzung humaner Gemeinschaft zu ermöglichen: die Akzeptanz anderer Meinungen, die Rechte von Minderheiten, die Möglichkeiten freier Entwicklungen…
Es braucht hier nicht weiter erörtert zu werden, dass und warum jede Art von Diktatur Hass und Hetze, Schaden und Schmerz bringt (auch die „Diktatur des Proletariats“, die im Wort „Kommunismus“ nolens volens – historisch – mitschwingt). Wir sollten es tatsächlich aus der Geschichte wissen.