Politisches Handeln hat in einer demokratischen Gesellschaft grundlegende Verpflichtungen gegenüber Nichtregierungsorganisationen (NGOs), zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und den Initiativen und Vereinen Kunst- und Kulturschaffender. Diese setzen sich mit ihrer Arbeit für zentrale Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Kunstfreiheit ein und setzen sie um.
Der Staat ist daher verpflichtet, für einen rechtlichen und politischen Rahmen zu sorgen, der ihnen ihre Arbeit ermöglicht. Regelwerke wie die Kunst- und Kulturförderungsgesetze sind ein deutlicher Beleg dafür. Aber auch die Einrichtung der ARGE Kulturelle Vielfalt der österreichischen UNESCO-Kommission, in der staatliche und zivilgesellschaftliche Organisationen eine gemeinsame Beratungsplattform haben.
Es gibt nicht nur ein ideelles, demokratiebildendes, demokratieförderndes Interesse des Staates an der Existenz gemeinnütziger NGOs, es gibt auch ein eigennütziges, nirgendwo sonst versammelt sich so viel Expertise zu so leistbaren Bedingungen wie bei ihnen.
Demokratische Politik hat also jeden Grund, NGOs vor ungerechtfertigter Einschränkung und feindseliger Stimmungsmache zu schützen. Dazu zählen auch verlässliche Strukturen wie transparente Förderprogramme und langfristige Finanzierung, um die Unabhängigkeit und freie Tätigkeit im Sinne der Stärkung einer offenen Gesellschaft zu garantieren.
Die aktuelle FPÖ-Kampagne „Wir decken auf, wofür die Regierung euer Geld ausgibt“ stellt die Behauptung auf, dass ein „Sumpf“ aus vom Staat finanzierten NGOs, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen existiere, in den Steuergelder zur Bildung von Schattenstrukturen fließen würden. Mit ihrer Kampagne sollen angeblich „die Bürger“ erfahren, wer welche Mittel erhält; die FPÖ sich dabei als Aufdeckerin und Kontrollinstanz dar. Dass es diese Transparenz und Förderkontrolle, und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht längst gibt, schweigt sie ebenso weg wie sie Zusammenhänge konstruiert, die so nicht existieren, wenn sie z.B. eine 80.000 Euro-Förderung mit einer einzigen Lesung in Zusammenhang bringt.
Ziel der FPÖ-Kampagne ist es, NGOs und Vereine, die den politischen Zielen der FPÖ zuwiderlaufen, systematisch zu diffamieren. Ganz besonders davon betroffen sind Menschenrechtsorganisationen, kulturelle Einrichtungen, Beratungsstellen für Migrant:innen, Umweltinitiativen, feministische Vereine und die LGBTIQ+ Bewegung.
Ihre für den demokratischen Zusammenhalt wichtige Arbeit wird gegen „das Volk“ und ehrenamtlich Tätige bei Feuerwehr, Rettung, Sport- und Brauchtumsvereinen ausgespielt. Auch da verschweigt die FPÖ ein zentrales Element der meisten NGO-Tätigkeiten, dass sie nämlich von nicht weniger ehrenamtlichen Mitwirkenden als in den von ihnen angeführten Bereichen geleistet wird.
Angeblich „linke Netzwerke“ werden mit hunderten parlamentarischen Anfragen und der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss unter Verdacht gestellt, unrechtmäßig hohe „Förderungen ohne Nutzen“ zu erhalten.
Die Plattform Der Wert der Demokratie verwahrt sich gegen diffamierende Begriffe wie „NGO-Business“, „Asyl-Industrie“, „feministische Gender-Lobby“, „staatliche Futtertröge“ oder „das System“ und die damit betriebene Diskreditierung zivilgesellschaftlichen Engagements und künstlerischer Arbeit. Pluralistische Stimmen in der Gesellschaft sind in vielfacher Hinsicht die Entwicklungspotentiale demokratischer Gesellschaftsordnungen, sie dürfen nicht zum Verstummen und Verschwinden gebracht werden.
Wir appellieren an staatliche Fördergeber und die Medien, ihre demokratiepolitische Verantwortung wahrzunehmen, und der zunehmenden, verleumderischen Hetze gegen das politische und kulturelle Engagement der Zivilgesellschaft in Sinne einer offenen und liberalen Gesellschaft entgegenzutreten.
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Marion Wisinger, PEN Austria
Jopa Jotakin, Grazer Autorinnen Autorenversammlung
Christian Teissl, Österreichischer Schriftsteller/innenverband